SixtyTwo Three Tone Sunburst
Es gibt Leute, die haben eine ungefähre Ahnung, wenn sie eine Gitarre in Auftrag geben. Und dann gibt es Leute, die wissen ganz genau was sie wollen. So wie der Friedrich. Sein Motto: Keine Kompromisse!
Für seine 62er sollen nur die besten Zutaten verwendet werden, also haben wir folgendes zusammengestellt:
- MJT Alder Body, Three Tone Sunburst, Relic nach Kundenvorgaben,
superleicht, nur 1600 Gramm!
- Captain Custom Neck
- Quatersawn Maple mit Medium C Profil
- Rosewood Slabboard mit 9,5" Radius, Heavy Rolled Edges,
extra nachgedunkelt
- 21 Medium Bünde 6105
- Real Aged Clay Dots, Side Dots 50/50 Split
- Captain Premium Lackierung Medium Aged (nach Kundenvorgaben)
- Captain Hardware Set #3 (1960-1963) plus Callaham/Raw Vintage Upgrade
- Kloppmann Real 62 Set
- selektierte CTS Dimpl-Potis
- NOS Cap + NOS Treble Bleed Cap
- NOS Halsschrauben
Dazu noch die beste Nachbehandlung, die man bekommen kann:
- Cryo Tunig, also einfrieren aller Komponenten auf -196 Grad
in Kooperation mit George Forester Guitars
- Seasoning, also Einschwingen der Gitarre
Hier die ersten Bilder vom Body:
Und auch der Hals ist angekommen. Er passt wieder mal pefekt in die Halstasche!
Hals lackiert und Griffprett gebeizt. Der Friedrich wollte es schön dunkel.
Die Kanten an der Kopfplatte ein bisschen angestoßen, wie's halt so aussieht nach 50 Jahren....
Auch für die Elektrik gabs klare Vorgaben: selektierte Dimple-Potis, NOS Sprague Cap und das Captain Pickup Set vom David Barfuss.
Body nachgebeizt, damit die Risse schön zur Geltung kommen. Und poliert, das gibt dem Lack mehr Tiefe. Mal sehn ob ihm das Aging reicht oder ob noch wo nachgearbeitet werden soll....
"Ein bisschen mehr darfs schon sein!" Ok, kein Problem!
So, jetzt wird die Gitarre gründlich ausprobiert und mit einigen anderen S-Types und mit meiner 64er Strat verglichen.
.... aber am Ende gehts um die zwei, gespielt über einen 64er Concert. Der ist gnadenlos ehrlich und läßt den Charakter der Gitarre gut erkennen. Der Vergleich hinkt ein bisschen, denn die 64er Strat hat einen Esche-Body. Aber wir wollen ja nicht die bessere Gitarre herausfinden, sondern die Unterschiede zwischen den beiden. Und wenn die SixtyTwo aus Sibirien zurück ist vergleichen wir die beiden Gitarren nochmal am selben Verstärker. Also los, hier die Eindrücke der vierköpfigen Jury:
Pickup |
Fender Stratocaster 1964 |
Captain SixtyTwo |
Neck | Der Ton ist insgesamt runder und weicher | hellerer Ton, mehr Höhen, etwas spitzer |
Middle | ausgewogen und rund | quäkige Mitten |
Bridge | perkussiv, dynamischer, rundere Höhen | schlechtere Saitentrennung, in den Bässen fast ein bisschen matschig |
Insgesamt ist die 64er außergewöhnlich voluminös, was viellecht am Eschenbody liegt. In diese Zeit wurde eigentlich fast immer Erle verbaut, so wie bei der SixtyTwo. Die klingt insgesamt etwas drahtiger und spritziger.
Zusätzlich hat der Josef noch Aufnahmen von der Gitarre gemacht. Nicht die üblichen, wo jemand wild auf dem Gerät rumrockt, sondern eher wissenschaftlich. Die Gitarre wurde sowohl über die Pickups abgenommen, als auch mit einem hochwertigen Studiomikrofon die akustischen Eigenschaften. Die Seiten wurden je einzeln angeschlagen und auch alle sechs zusammen. Und das mit jedem Tonabnehmer. Zusätzlich wurde mit einem Capo wurde das Schwingungsverhalten im 5. und in 10. Bund aufgezeichnet. Der Meßaufbau wurde vermessen, sodass nach dem Cryo-Tuning die gleichen Bedingungen wieder hergestellt werden können.
Und jetzt ...... ab in die Kühltruhe!!!
Schon eine Woche später ist die Gitarre wieder zurück. Optisch fallen zwei Sachen auf:
Beim Pickguard ist das Hörnchen abgebrochen (was aber mit ein bisschen Kleber gleich wieder behoben ist) und der Body ist komplett mit winzig kleinen Rissen im Lack übersäht. Die groben Risse waren ja vorher schon da und sind durch die Beize erkennbar.
Trocken angespielt gibt sich die Gitarre jetzt offener und ich meine auch ein bisschen lauter als zuvor.
Ein paar Tage später kommt der Josef nochmal und wir machen exakt die gleichen Aufnahmen wie vor der Cryo-Behandlung.
Leider ist die Auswertung wenig aussagefähig. Man hört den Anschlag des Plektrums deutlicher, aber das kann auch an meinem Anschlag liegen. Ansonsten könnte man viel reininterpretieren, aber den geänderten Charakter des Instruments konnten wir leider nicht einfangen. Deshalb verschone ich euch mit Soundfiles.
Am Amp jedoch zeigt die Gitarre im Vergleich zur 64er einige Verbesserungen.
Insgesamt ist der Ton voller und weicher geworden, die spitzigen Höhen sind reduziert und insgesamt wirkt die Gitarre aufgeräumter. Der Ton ist ausgeglichener über die Lagen, die Höhen sind angedickt und die Bässe aufgefrischt. Das matschige unten rum, das sie im Vergleich mit der 64er hatte, ist aufgeklart, differenzierter, und die spitzigen Höhen sind seidiger und fester geworden.
Aber nicht genug:
Die nächsten drei Wochen wird die SixtyTwo mit einem Gerät eingeschwungen, dass wie ein Lautsprecher ohne Membran funktioniert. Die Schwingungen werden direkt in den Body geleitet und regen das komplette Instrument zum Schwingen an. Als Signal dient zunächst weisses Rauschen, das alle Frequenzen des Spektrums enthält. Später kommen noch Töne von Klangschalen zum Einsatz. Auffällig ist, dass das Geräusch immer lauter wird, also die Gitarre immer besser mit den Tönen mitschwingt.
Und in der Tat wird die S-Type immer williger beim Spielen, reagiert besser auf den Anschlag und scheint viel perkussiver.
Zum Schluß nochmal der Vergleich mit der Vierundsechziger am Blackface Concert.
Zugegeben, auch ich schaffe es nicht, Gitarren zu bauen, die wie die Originale klingen.
Ich denke es liegt hauptsächlich am Holz, das ist heute einfach anders.
Die gute Nachricht ist, dass trotzdem erstklassige, inspirierende Instrumente entstehen, solange man ordentliche Zutaten verwendet und alles mit Bedacht und Sorgfalt zusammenfügt.
Durch Cryo-Tuning und Einschwingen werden die Qualitäten des Instruments hervorgehoben und der Grundton optimiert, ohne dass man erst mal drei Jahre mit ihr durch die Kneipen ziehen muß. Der Grundcharakter nähert sich einem alten Instrument an. Sound, Ansprache und Dynamik verbessern sich und es macht vom ersten Tag an Spaß, dieses Instrument zu spielen.
Das Resultat ist somit völlig positiv und meine nächste Gitarre schon auf dem Weg nach Sibierien ;)